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    Ausgleichssport - Ist das was für mich?

    Lesezeit: 5 Min

     Die Frage, welche Ausgleichssportarten machen Sinn, stellt sich für die meisten Sportler im Herbst und Winter. Wenn die Tage kürzer werden und das Wetter unangenehmer, schaut man sich aktiv nach Alternativen um. Und klar es gibt sie. Auch wenn Radfahren von Radfahren kommt, ist es sogar sinnvoll, den Körper während der Saisonpause und in den wettkampffreien Monaten mit anderen Reizen und Eindrücken zu fordern. Für eine gezielte Vorbereitung im Winter, sollten die meisten Einheiten insgesamt gesehen weiterhin im Sattel absolviert werden.

    Hier möchten wir euch ein paar Einschätzungen auf den Weg geben, welche typischen Ausgleichssportarten wann und wie Sinn machen. Nehmt sie als Empfehlung, was ihr daraus macht, sollte individuell an euren Zielen, Vorlieben und Fähigkeiten angepasst sein.

    Joggen
    Laufen bietet sich auf den ersten Blick als Ausgleichssport Nummer eins an. Denn joggen kann man quasi bei fast jedem Wetter und überall. Beim Laufen trainiert man vor allem die Ausdauer, daher können Lauftrainings die Grundlagensausdauereinheiten zum Teil ersetzen/ergänzen. Aber Vorsicht, ungeübte Läufer können durch sporadisches Lauftraining ernsthafte Probleme bekommen. Die Stöße jedes Schrittes sind eine deutlich höhere Belastung für Gelenke als eine Kurbelumdrehung beim Radfahren. Vor allem im Knie und Sprunggelenk sind die Belastungen deutlich erhöht und können im schlimmsten Fall beispielsweise zum Patellaspitzensyndrom führen. Steigt man damit wieder aufs Rad, wird es richtig schmerzhaft. Daher sollte man sich ganz langsam herantasten und Radfahren und moderates Laufen zunächst parallel betreiben und genau auf Probleme und Schmerzen achten. Wer nicht so geübt ist, startet mit 20-30 Minuten joggen und achtet auf seine Technik. Unter dem ‚Lauf-ABC‘ findet man im Internet gute Anregungen für die richtige Lauftechnik. Treten jedoch Probleme auf, muss man ggf. auf eine andere Sportart, wie Schwimmen oder Skilanglauf ausweichen.
    Als geübter Läufer/Triathlet, oder wenn man vom Laufen kommt, sieht die Sache anders aus. Denn dann haben sich die Gelenke bereits an die Laufbelastung gewöhnt und man läuft tendenziell auch mit der richtigen Technik. Ist man von der Ausdauer her fit, können auch Intervalle wie Bergaufsprints, Tempophasen und Treppenläufe ins Lauftraining eingebaut werden. Diese belasten die Beinmuskulatur nochmal stärker und fördern damit nochmal gezielter die Kraftausdauer fürs Radfahren. Doch Vorsicht: diese Einheiten sind selbst für trainierte Läufer zu Beginn stark Muskelkater fördernd.

    Skilanglauf
    Skilanglauf ist eine sinnvolle Alternative, in Bezug auf das Ausdauertraining im Winter. Hierfür müssen aber die Gegebenheiten stimmen und dabei ist die eigene Region entscheidend. Denn ohne Schnee kein Skilaunglauf ? Die Technik, ob klassisch oder Skating kann frei gewählt werden und ist für die Ausdauer gleichermaßen gut. Wer noch nie auf Langlaufski gestanden hat, macht im besten Fall hierzu einen Kurs oder lässt sich von Langlauffreunden langsam heranführen, denn es ist nicht so einfach sich die Technik selbst anzueignen. Im Gegensatz zum Laufen, bietet Skilanglauf den Vorteil, dass es weitestgehend gelenkschonend ist.

    Schwimmen
    Schwimmen hat den Vorteil, dass es komplett wetter- und tageszeitunabhängig gestaltet werden kann. Auch hier lässt sich die Ausdauerleistung gut fördern, dafür muss man jedoch auch tatsächlich ‚Kacheln zählen‘. 1-3 Schwimmkilometer sollten schon geschwommen werden, damit ein sinnvoller Reiz gesetzt wird. Die Technik spielt auch beim Schwimmen eine große Rolle und entschiedet mit über den Spaß und den Anstrengungsgrad im Wasser. Es empfiehlt sich also auch hier regelmäßig Technikübungen mit einzubauen. Für eine bessere Abstimmung auf die Radbelastung, kann man zudem darauf achten, die eigenen Beine gut einzubinden. Hierzu darf man ruhig zu Hilfsmitteln wie Pullbuoy und Brettchen greifen, damit man den Vortrieb vor allem aus den Beinen heraus organisiert. Denn an der Statur von Profischwimmern erkennt man, dass Schwimmen durchaus oberkörperlastig sein kann. Ein muskulöser Oberkörper hilft einem auf dem Rad aber nicht zwingend weiter und erhöht das Kampfgewicht. Durch den Wasserauftrieb wirken wenig Kräfte auf den Körper, wodurch die Belastung auf die Gelenke nochmals geringer ist als beim Langlaufen.

    Klettern
    Klettern ist ein intensiver Sport, der den ganzen Körper fordert. Je nach Disziplin ist aber viel (Halte-)Kraft gefordert, sodass es einem in Bezug auf Ausdauertraining nicht weiterbringt. Was Klettern jedoch stark fördert, ist die eigene Körperwahrnehmung, sowie Rücken- und Rumpfstabilität. Als funktionelles Training also eine gute Wahl. Eine Ausdauereinheit kann durch das Klettern allerdings nicht ersetzt werden.

    Teamsportarten mit Ausdaueraspekt
    Andere Sportarten wie Fußball oder ähnliches fördern zwar die Ausdauer, setzen von der Belastung her aber deutlich andere Schwerpunkte (hochintensiv) und sind für Ungeübte mit hoher Verletzungsgefahr belegt. Solche Einheiten sind zur Abwechslung ab und zu nicht schlecht, aber können das Ausdauertraining nicht vollständig ersetzen. Bei den Teamsportarten sollte vor allem der Spaß im Vordergrund stehen. Bedenkt jedoch, dass ihr nicht alleine auf dem Platz steht und euch durch die Gegnereinwirkung leichter verletzen könnt.

    Krafttraining
    Intensives Krafttraining neben Ausdauertraining hat einen positiven Effekt auf die Ausdauerleistung beim Rennradfahren und Laufen. Das geht aus einer umfassenden Literaturstudie über den Effekt von Krafttraining auf die Ausdauerleistung hervor.
    Obwohl es logisch erscheint für die Ausdauerleistung vornehmlich Ausdauertraining zu betreiben, ist es schon seit einiger Zeit bekannt das auch Krafttraining dabei hilft, die Ausdauerleistung zu verbessern. Rønnestad und Mujika haben in einem Review die Ergebnisse großer Studien nach den Effekten von der Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining zusammengefasst. Sie haben auch untersucht durch welche Mechanismen Krafttraining das Ausdauertraining verbessern kann.
    Die Ergebnisse zeigen dabei: Krafttraining kann die Lauf- und Radökonomie verbessern. Außerdem verbessern sich die maximale Schnelligkeit und die Maximalkraft der Athleten durch Krafttraining. Die Qualität der Ansteuerung der Muskeln nimmt zu, was einen positiven Effekt auf die Schnelligkeit der Kraftentwicklung (auch rate of force, RFD genannt) hat. Durch eine höhere maximale Kraft können Athleten eine Belastung auf submaximalem Niveau länger durchhalten. Die Glykogenvorräte entleeren sich langsamer und die Muskeln ermüden später. Der Athlet kann dadurch kurzzeitig besser beschleunigen bzw. sprinten.
    Dass es einen direkten Effekt in der Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining auf die Ausdauerleistung gibt, ist in zahlreichen Studien untersucht worden. Bei den Ergebnissen einer kleinen Anzahl von Studien war keine Verbesserung der Leistung festzustellen. Das kommt laut Rønnestad und Mujika wahrscheinlich dadurch, dass die Studiendauer sehr kurz war und nur ein niedriges Volumen im Krafttraining benutzt wurde. In Studien mit positiven Ergebnissen des Krafttrainings haben die Athleten mindestens 8 Wochen lang Übungen für die Beinmuskeln mit einer hohen Intensität (viel Gewicht) absolviert. Krafttraining hat aber die Gefahr von Hypertrophie, also dem Zunehmen des Muskelumfangs durch das Training. Das kann nachteilig für Athleten sein, die ihr eigenes Körpergewicht fortbewegen müssen. In mehreren Studien war jedoch keine Gewichtszunahme nach einer Periode von kombiniertem Kraft- und Ausdauertraining festzustellen. Auch blieb die VO2max der Athleten stabil.

    Unsere Empfehlungen

    Es ist anzuraten am Anfang der Saison Krafttraining einzuplanen. Zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche bewirken in 12 Wochen deutliche Anpassungen im Muskel. Hierfür müssen Athleten 2 bis 3 Serien intensives Krafttraining machen. Athleten sollten vor allem die Muskelgruppen und Bewegungen, die sie während des Wettkampfes benutzen trainieren. Während der Wettkampfsaison ist eine Krafttrainingseinheit pro Woche ausreichend, um die Vorteile des Krafttraining beizubehalten. Ins Krafttraining sollte immer langsam eingestiegen werden und ein Trainer/Trainerin hinzugezogen werden, damit die Übungen richtig ausgeführt werden. Denn auch hier kann mit der falschen Bewegungsausführung oder mit zu viel Gewichten mehr kaputt gemacht werden.

    Radwechsel?
    Gegen das Absolvieren von Radeinheiten auf der ‚fremden‘ Radkategorie, sei es nun Rennrad, MTB oder Crosser/Gravelbike spricht für Sportler erstmal nichts. Ganz im Gegenteil, der Wechsel bietet einige Vorteile: man bleibt im Sattel und setzt gleichzeitig neue Reize. Durch die erhöhten technischen Anforderungen trainiert ein Rennradliebhaber auf dem MTB seine Radbeherrschung und Fahrtechnik. Umgekehrt lernt der bergaffine Biker, was es heißt auch mal ein längeres Stück ohne Höhenmeterunterschied zu absolvieren und kann dabei aktiv an seiner Tritteffizienz arbeiten. Man sollte nur immer aufpassen nicht zu intensive Einheiten zu fahren, was intuitiv schnell passiert. Das andere Radgefühl und die Anforderungen an den eigenen Körper ist nach dem Radwechsel noch nicht bekannt. Einfaches Beispiel: Man fährt mit dem MTB in einen steilen Berg hinein oder steht mit dem Gravelbike vor einer matschigen Piste. Um die zu überwinden, braucht es trotz der „einfacheren“ Übersetzung deutlich mehr Beinkraft und das kann mitunter ein ‚zu‘ intensiver Kraftakt werden, wenn man es nicht gewöhnt ist. Daher gilt auch hier für das Übergangs- und Wintertraining sich zügeln zu lernen und nicht zu anspruchsvolle Strecken auszuwählen.

     

    Autorin: Tanja Willersinn

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    Tanja ist Laborleiterin im Radlabor Freiburg und trainingswissenschaftlich auf dem neuesten Stand. Die Athleten der deutschen Rad-Nationalmannschaften sind ihr bis aufs Blut ausgeliefert, wenn sie beim Laktatstufentest deren Ohren piekst. Außerhalb des Radlabors ist Tanja als Triathletin und Mountainbikerin im Schwarzwald unterwegs.


    Quellen
    Vgl.: Rønnestad BR, Mujika I (2013) Optimizing strength training for running and cycling endurance performance: A review. Scan. J. Med. Sports, 24:603-612

    Tags: Training