Lesezeit: 4 min
Zugegeben, schwimmen ohne Wasser, das hört sich erstmal paradox an. Aber in Zeiten, in denen man das eigene Haus nicht verlassen kann oder nur wenig freie Zeitslots hat, kann man sich den Weg ins Schwimmbad tatsächlich auch mal sparen.
Wie? Mit dem Zugseil.
Uns wird häufig, gerade von Triathleten, die Frage gestellt, wie man die eigene begrenzte Trainingszeit effektiv nutzen kann. Zeitsparendes und effizientes Training ist möglich, mit Disziplin und dem Wissen an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte. Theoretisch klar, aber praktisch ist diese Disziplin manchmal der Knackpunkt: Denkt man an das überfüllte Schwimmbad zu den üblichen Feierabendzeiten ist der Rotstift gerne mal auf dem Trainingsplan unterwegs und streicht die Schwimmeinheit weg. Doch Schwimmtraining geht auch ohne volles Becken und sogar ohne Wasser. Das Zaubermittel lautet an dieser Stelle: Zugseiltraining. Um die eine oder andere Einheit im Becken zu ersetzen bzw. perfekt zu ergänzen, bietet sich das Training mit dem Zugseil an. Vorteil: Es ist quasi überall und vor allem gut zu Hause umzusetzen. Natürlich kann dadurch das ‚echte‘ Schwimmen nicht komplett verzichtet werden, denn für Wassergefühl und Technik ist es wichtig auch tatsächlich im nassen Element unterwegs zu sein. Aber als Ergänzung und Alternative ist es eine super Sache.
Worauf muss ich achten?
Für neue Einheiten und Techniken gilt: erstmal reinfinden und dann langsam steigern. Das vermeidet Überlastung und fehlerhafte Ausführung der Bewegung. Und wie immer gilt weiterhin, Regelmäßigkeit vor Trainingsexzess. Lieber mehrere kurze Einheiten regelmäßig unter der Woche, als nur zwei lange und kraftraubende Workouts am Wochenende.
Nun zum Zugseil. Was trainiere ich damit eigentlich genau?
Mit dem Zugseil kräftige ich schwimmspezifische Muskeln, mit denen ich im Wasser mehr Kraft entfalten kann. Üblicherweise trainieren Schwimmer diese Muskeln ‚an Land‘ z.B. im Fitnessstudio. Den Gang hierhin spare ich mir. Neben dem Krafttraining kann auch die richtige Unterwassertechnik verfeinert werden. Die einzelnen Phasen können isoliert voneinander geübt werden. Achte darauf, dass sich keine falsche Technik einschleicht. Zugseiltraining kann zur Verletzungsprophylaxe, Muskelerhaltung, -aufbau und -anspielung genutzt werden.
Worauf achte ich beim Kauf?
Die Stärke der Seile variieren. Je nach Schwimmfähigkeit sollte gerade am Anfang die Spannung nicht zu hoch sein und eher auf ein nicht so starkes Seil zugegriffen werden. Zugseile mit integrierten Paddels sind von Vorteil, da so auch die richtige Handstellung simuliert werden kann und nicht das Seil um die Hände gebunden und festgehalten werden muss. Brauche ich zwingend ein Zugseil? Nicht unbedingt, es geht auch mit einem Theraband, aber ein echtes Zugseil funktioniert besser.
Übungsbeispiele
Zur Technikschulung am besten die Phasen des Zuges einzeln trainieren und erst danach in einer Gesamtbewegung die Unterwasserphase simulieren. Zu Beginn einer Einheit ein allgemeines Aufwärmen einschieben und erst dann ans Seil zum spezifischen Training. Das Zugseil bei jeder Ausführung leicht unter Spannung halten, das garantiert den Trainingseffekt. Dehnen am Ende der Einheit fördert die Muskelregeneration.
Zugphase
Startposition: Schulterbreiter Stand oder Schrittstellung
Arme vorne gestreckt
Ausführung Zugphase: einarmige, beidarmige oder wechselarmig
Auf den hohen Ellenbogen achten
Druckphase
Startposition: Schulterbreiter Stand oder Schrittstellung
Arme anwinkeln (dort anfangen wo die Zugphase aufgehört hat)
Ausführung: Zugphase ausüben
Arme komplett durchstrecken
Kompletter Unterwasserarmzug
Startposition: Schulterbreiter Stand oder Schrittstellung
Ausführung des kompletten Armzugs
Letzter Kick der Druckphase mit Schwung
Ablauf einer Einsteiger-Trainingseinheit
- 10 min allgemeines Aufwärmen
- Technikschulung:
Zugphase: 3x15 Wiederholungen einarmig (jede Seite im Wechsel), Pause 30 sek, dann 2x10 Wdh. beidarmig (Satzpause 20 sek)
Druckphase: 3x15 Wdh. einarmig, Pause 30 sek, dann 2x10 Wdh. beidarmig (Satzpause 20 sek) - Kompletter Armzug: 2x15 Wdh. einarmig (einmal normal, einmal besonders auf letzten Abdruck in der Druckphase achten, danach 2x10 Wdh. wechselseitig
- Im Anschluss dehnen
Trainerin: Nele Nieschlag
Nele ist Sportwissenschaftlerin, Laborleiterin im Radlabor Frankfurt, Triathletin und ausgebildete Triathlon Trainerin. "Training und Optimierung ist immer möglich!", so Neles Credo. Mit ihren Anleitungen gelingt es auch.